
Voraussetzung für die Haftung von Bindungspartnern beim Lackieren, Kleben, Bedrucken oder Bonden ist eine gute Benetzbarkeit der Oberfläche. Die Benetzung wird nicht nur durch öl- und fetthaltige Verschmutzungen verhindert, auch die saubere Oberfläche vieler Materialien lässt sich durch viele Flüssigkeiten, auch Klebstoffe und Farben nicht ausreichend benetzen. Die Flüssigkeit perlt ab. Sie wird auch nach dem Aushärten oder Trocknen nicht an der Oberfläche haften.
Ursache ist eine geringe Oberflächenenergie des Substrats. Stoffe mit niedriger Oberflächenenergie benetzen solche mit hoher Oberflächenenergie, aber nicht umgekehrt. Die Oberflächenenergie der aufgebrachten Flüssigkeit, bei Flüssigkeiten spricht man auch von Oberflächenspannung, muss also auf jeden Fall niedriger sein als die des Substrats.
Aktivierung von Kunststoffen
Kunststoffe wie z. B. Polypropylen oder PTFE sind von sich aus unpolar aufgebaut. Das bedeutet, dass diese Kunststoffe vor dem Bedrucken, Lackieren und Verkleben vorbehandelt werden müssen. Ähnliches gilt für Glas und Keramik. Die Oberflächenenergie einer Oberfläche wird erhöht, indem sie aktiviert wird. Dabei werden Anlagerungsstellen für die aufgebrachte Flüssigkeit geschaffen.
Die Aktivierung erfolgt traditionell mit chemischen Primern, flüssigen Haftvermittlern. Sie sind oft stark ätzend und umweltschädlich. Sie müssen einerseits vor der Weiterverarbeitung ausreichend Ablüften und sind andererseits oft nicht lange aktiv. Unpolare Werkstoffe wie Polyolefine werden auch durch chemische Primer nicht ausreichend aktiviert.
Bei der Aktivierung im Luft- oder Sauerstoff-Plasma werden unpolare Wasserstoffbindungen der Kunststoff-Polymere durch Sauerstoffbindungen ersetzt. Diese können freie Valenzelektronen zur Anbindung der Flüssigkeitsmoleküle bereitstellen.
Durch Plasmaaktivierung unter Niederdruck oder Atmosphärendruck werden auch "unklebbare" Kunststoffe wie POM, PE und PP sehr gut verkleb- oder lackierbar. Die angestrebte Oberflächenenergie lässt sich sehr genau einstellen, sodass auch Überaktivieren, das zum Anätzen führt, vermieden werden kann.
Im Niederdruckplasma lassen sich außer Luft und Sauerstoff noch andere Gase anwenden, durch die an Stelle von Sauerstoff beispielsweise Stickstoff (N2), Amine (NHx) oder Carboxylgruppen (-COOH) als reaktive Gruppen angelagert werden.
Die Teile bleiben wenige Minuten bis einige Monate aktiv. Polypropylen kann noch mehrere Wochen nach der Behandlung weiterverarbeitet werden. Trotzdem empfiehlt es sich, diese Teile nicht offen zu lagern, da sie Staub, organische Kontamination und Luftfeuchtigkeit anziehen.
Die Aktivierung kann sehr eindrucksvoll demonstriert werden, indem man ein behandeltes und ein unbehandeltes Werkstück in Wasser (polare Lösung) taucht. Auf dem unbehandelten Teil bilden sich wie gewohnt Tropfen. Das behandelte Teil wird vollständig mit Wasser benetzt.
Aktivierung von Metallen, Keramik und Gläsern
Metalle, Keramik und Gläser haben grundsätzlich höhere Oberflächenenergie als Kunststoffe. Dennoch gibt es auch bei diesen Werkstoffen Anwendungen, bei denen eine Plasmaaktivierung Vorteile schafft. Auch die Oberflächenspannung von Lötlegierungen ist hoch und sie perlen auf vielen Metalloberflächen ab. Deshalb kann die Plasmaaktivierung von Metallen auch die Benetzung beim Löten verbessern.
Die Aktivierung von Metallen ist allerdings sehr instabil und daher nur von kurzer Dauer. Wird Metall aktiviert, muss es innerhalb weniger Minuten oder Stunden weiterverarbeitet (verklebt, lackiert...) werden, da sich die Oberflächen schnell und dauerhaft mit Kontaminationen aus der Umgebungsluft verbinden.
Sinnvoll ist eine Metallaktivierung vor Prozessen wie Löten oder Bonden.
Plasmapulveraktivierung
UHMWPE (ultrahighmolecularweight) Pulveraktivierung
Für viele Anwendungen wird hydrophiles UHMW Polyethylenpulver als innovative Möglichkeit genutzt. Es kann als Beimischung in Gummi verwendet werden, was zur Folge hat, dass hier eine höhere Weiterreißfestigkeit gegeben ist. Zudem ist es auch möglich, durch hydrophiles PE-Pulver die Verbundfestigkeit zwischen Metall und Kunststoff zu erhöhen. Diese Hydrophilierung wird durch eine Plasmabehandlung im Niederdruckverfahren ermöglicht. Die Behandlungsparameter hängen stark von der Partikelgröße des Pulvers ab. Die Plasmabehandlungszeit kann zwischen 5 Minuten und mehreren Stunden liegen. Eine thermische Beschädigung des Pulvers ist ausgeschlossen, da die Prozesstemperatur bei dieser Behandlungsmethode beständig niedrig bleibt. Ebenso werden die Grundeigenschaften des Pulvers wie z. B. Schmelztemperatur, Kristallinitätsgrad und Molmasse nicht beeinflusst. Aufgrund zahlreicher variierbarer Prozessparameter kann eine Vielzahl von Schichteigenschaften erzielt werden.
Anwendungen
- Additiv in Lacke (Gleitlacke)
- Desinfektion / Keimreduzierung Saatgut, Gewürze
- Gleitreibung minimieren durch Zusatz mit behandeltem PTFE Pulver
- Herstellung von Kunststoffboxen welche mit PUR ausgeschäumt werden, damit dieses haftet
- Faseraktivierung, -ätzung
- Kunststoffgranulat Aktivierung, Ätzung
UHMWPE
UHMWPE (Ultrahochmolekulargewichtiges Polyethylen) ist ein Polyethylen mit einem sehr hohen Molekulargewicht. Polyethylen kann als der Kunststoff betrachtet werden, der am einfachsten aufgebaut ist: eine Kette von Kohlenstoffatomen, an den Seiten lediglich Wasserstoff. Wenn diese Kette sehr lang ist, nennt man den Werkstoff UHMWPE.
Häufige Fragen
Wie kann die Qualität der Aktivierung getestet werden?
Die Qualität der Aktivierung kann schnell und einfach mit zwei verschiedenen Verfahren getestet werden:
Kontaktwinkel-Messung
Bei diesem Verfahren wird der Randwinkel eines Wassertropfens zur aktivierten Oberfläche gemessen. Je besser die Aktivierung ist, desto flacher liegt der Wassertropfen auf der Oberfläche. Dieses Verfahren wird allerdings selten angewandt, da das Messgerät relativ teuer ist und im Allgemeinen nicht sofort vor Ort gemessen werden kann. Insbesondere lassen sich große oder komplexe Formteile mit den meisten Randwinkelmessgeräten kaum oder gar nicht ohne zerschneiden messen.
Testtinten
Je nachdem, wie diese Testtinten verlaufen, kann den Behandlungsgütern eine bestimmte Oberflächenenergie zugeordnet werden. Die Einheit ist mN/m [früher: dyn/cm]. Wasser besitzt eine Oberflächenenergie von 72,6 mN/m. Die Testtinten sind erhältlich von 28 – 105 mN/m in 10 Schritten.
Wie wird mit dem Gitterschnitt Test geprüft? (Niederdruckplasma)
Bei langen Prozesszeiten (> ca. 15 Minuten) und entsprechend gewählten Gasen werden die Oberflächen nicht nur aktiviert, sondern angeätzt. Die Oberflächen werden dabei rau und matt. Mit angeätzten Oberflächen werden die höchsten Haftkräfte erreicht. Lackierungen werden normalerweise mit dem sogenannten Gitterschnitt-Test (Normen: DIN EN ISO 2409 und ASTM D3369-02) geprüft. Dazu wird der Kunststoff lackiert und anschließend gitterförmig (kreuzweise) mit dem Gitterschnittprüfgerät eingeschnitten. Anschließend wird ein in den Normen spezifiziertes Klebeband aufgeklebt und ruckartig abgezogen. Bleiben Lackstücke an dem Klebeband hängen, so ist die Lackhaftung mangelhaft. Die einzelnen Abstufungen sind in den Normen beschrieben.
Wie breit ist die Aktivierungsspur bei der PlasmaBeam- und PlasmaAPC 500-Behandlung? (Atmosphärendruckplasma)
Die PlasmaBeam-Technik kann eine Behandlungsbreite von ca. 8-12 mm bei Druckluft als Prozessgas gewährleisten. Verwendung von reinem Stickstoff (N2) oder reinem Sauerstoff (O2) kann die Behandlungsbreite erhöhen.
Die Behandlungsbreite von PlasmaAPC 500 beträgt ca. 60 mm. Allerdings ist die Behandlung deutlich inhomogener als mit PlasmaBeam oder mit Niederdruckplasma. Eine mehrfache Behandlung erhöht die Homogenität der Behandlung.
Die Behandlungsbreite hängt sehr stark von der Geschwindigkeit ab.
Wie breit ist die Behandlung mit dem PlasmaBeam? (Atmosphärendruckplasma)
Die Behandlungsbreite von einer Düse beträgt ca. 8-12 mm. Allerdings muss die Reinigungsbreite bei jeder Anwendung vorab geprüft werden (z. B. durch Kontaktwinkelmessung).
Bei Verwendung von reinem Sauerstoff (O2) oder Stickstoff (N2) wird die Behandlungsbreite etwas erhöht.
Wie hoch ist die Geschwindigkeit der Behandlung? (Atmosphärendruckplasma)
PlasmaBeam: Die Behandlungsgeschwindigkeit variiert zwischen einigen cm pro Minute bei der Aktivierung von Keramiken oder Metallen bis zu einigen Metern pro Sekunde bei Aktivierung von Kunststoffen (z. B. Faltschachtel-Aktivierung vor dem Verkleben).
PlasmaAPC 500: Die maximale Geschwindigkeit beträgt ca. 100 – 150 mm/s. Eine weitere Geschwindigkeitserhöhung führt zu einer ungleichmäßigen Behandlung der Oberfläche.
Entstehen bei der Plasmaaktivierung Abgase? (Atmosphärendruckplasma)
Bei der Plasmaaktivierung fallen hauptsächlich Stickoxide (NONO2) an, die von dem Arbeitsplatz abtransportiert werden müssen.
PlasmaAPC 500: Hier muss mit Ozon(O3)-Bildung gerechnet werden.
Welche Medien werden für die Installation von PlasmaBeam bzw. PlasmaAPC 500 benötigt? (Atmosphärendruckplasma)
- Trockene und ölfreie Druckluft – ca. 2.000 NL/Std.
- Stromanschluss 230 V/6A
- Absaugung für die Stickoxide
Beim Testen von Geräten darf auf die Absaugung verzichtet werden. Die maximale Betriebsdauer ohne Absaugung darf nicht mehr als ein paar Minuten pro Stunde betragen.
Das Arbeitszimmer muss oft und gründlich gelüftet werden.
Wo wird die Atmosphärendruckplasma-Aktivierung hauptsächlich eingesetzt? (Atmosphärendruckplasma)
Diese Technik ist hervorragend für folgende Prozesse geeignet:
- Lokale Plasmaaktivierung von Kunststoffen vor dem Verkleben
- Plasmaaktivierung von Elastomeren vor dem Verkleben, Beflocken, Bedrucken (z. B. Gummiprofile im Automotiv)
- Lokale Plasmaaktivierung von Metall- und Keramikoberflächen vor dem Verkleben oder Bonden
PlasmaAPC 500 ist sehr gut für die Behandlung von Kunststoffteilen vor dem Tampondruck direkt in Tampondruckautomaten geeignet.
Welche Hauptvorteile bringt uns die Aktivierung mit Atmosphärendruckplasma? (Atmosphärendruckplasma)
PlasmaBeam Technik ist für Inline Prozesse anwendbar z. B. Plasmaaktivierung von endlosen Gummiprofilen, Schläuche vor dem Bedrucken, Kleben, Beflocken oder Lackieren.
Diese Technik ist Roboter tauglich, d. h. die 2- oder 3-dimensionalen Oberflächen können mit dem Plasmastrahl mithilfe von Robotern abgescannt werden.